Ein Fragebogen soll‘s richten
Am häufigsten misslingt der Versuch, das Thema Briefing für Agenturen per standardisiertem Fragebogen abzuhandeln. Denn der allgemeine Fragebogen fällt unter die Rubrik „ungeliebte Hausaufgaben“. Er klopft zwar alles ab, doch darin liegt auch eine seiner Schwachstellen: Vorausgesetzt man arbeitet bereits seit geraumer Zeit mit der Agentur, möchte man zu Standards wie „Tonalität“ oder „Zielgruppe“ nichts mehr sagen (müssen). Man geht davon aus, dass klar ist, wie und mit wem man kommuniziert. In Konsequenz nimmt man „die Fragerei“ schon ein bisschen weniger ernst und empfindet sie schlimmstenfalls als lästig.
Zudem ist das Einfügen von bspw. Abbildungen oder Excel-Tabellen in die formatierten Antwortfelder eines Fragebogens mühselig oder gar unmöglich. Und hat man bereits ausformulierte Gedanken vorliegen, passen sie inhaltlich oft zu keiner der standardisierten Fragebogen-Fragen. Schnelles Copy/Paste ist so nicht möglich.
Fragebogen verleiten außerdem dazu, durch Standardisierung ein Thema halbherzig abzuarbeiten. Das Ganze gerät zum stupiden Ausfüllen und macht schlicht keinen Spaß mehr, Abfragen lässt wenig Raum für Ideen. Schade, möchte man doch in der Regel einen kreativen Prozess anstoßen und darf dabei so wenig kreativ werden.
Hat man schließlich seine Hausaufgaben gemacht, kommen die ersten Rückfragen – per E-Mail. Wollte man ursprünglich mit dem Fragebogen eine Briefing-Dokumentation starten, wäre selbige hier schon vorbei. Das vermeintlich unverzichtbare Briefing-Dokument verschwindet in der Ablage. Auf Nimmerwiedersehen, zum Glück.
Briefen ist (nur?) Kommunikation
Das Thema Briefing ist universell, weil es letztlich um Kommunikation geht. Denn im Grunde taucht eine Briefing-Situation immer dann auf, wenn der eine vom anderen etwas will oder erwartet. Durch die Komponenten Zeitdruck und Abrechnung wird diese alltägliche Situation bei Agentur-Briefings nur verschärft. Wo doch alles so einfach sein könnte: „Sag, was du haben willst und frag, wenn du etwas nicht verstanden hast.“ Vielleicht ist Briefing deshalb so ein heißes Eisen: Wer brieft, muss sich um Klarheit bemühen und wer gebrieft wird, muss rückfragen bis Klarheit herrscht. Beide Seiten haben also wirklich was zu tun – schon vor dem eigentlichen Projektstart.
Individuell briefen – form follows function
Fürs Briefing sollten das Medium und die Form möglichst passend zu den Beteiligten gewählt werden. Am besten, man hält es einfach, damit es funktioniert. Form follows function. Da kann sogar ein Fragebogen ein Anfang sein, doch die meisten briefen per E-Mail. Dabei empfiehlt es sich auf der schriftlichen Basis ein persönliches Gespräch zu führen, Anruf genügt. Denn was ein Fragebogen per se nicht vorsieht und auch eine E-Mail allein nicht sicherstellt: bevor irgendwer loslegt, muss ein gemeinsames Verständnis der Aufgabe erreicht sein. Und das klappt am einfachsten – und wunderbarer Weise auch am schnellsten – im Gespräch.
Dreiklang aus Ansage, Offenheit und Freiraum
Gutes Briefing setzt auf das Können der anderen, ohne sie gleich komplett von der Leine zu lassen. Daraus ergibt sich ein Dreiklang aus „Ansage, Offenheit und Freiraum“:
Bei welchen Punkten sind die Vorgaben unumstößlich? Bei welchen Punkten wünscht man offenes Feedback? Und bei welchen Punkten hat man keine Idee oder möchte bewusst keine Richtung vorgeben und lässt damit maximalen Freiraum, um der Expertise des „Gebrieften“ freien Lauf zu lassen? Wenn diese Abstufungen deutlich gemacht sind, werden die anschließenden Diskussionen auf den richtigen Themen geführt und das Know-how des anderen kommt – zum richtigen Zeitpunkt im Prozess – voll zur Geltung.
Briefing braucht Klarheit
Beim Italiener käme man nicht auf die Idee „Was Schönes mit Pasta“ zu bestellen und sich später zu beschweren, dass Nonnas Haussauce auf ausgerechnet Linguine gar nicht nach dem Geschmack und alles sowieso viel zu teuer ist.
Das Prinzip lässt sich aufs Briefing übertragen und bedeutet das man zunächst mit sich selbst in Klausur gehen muss. Denn oftmals meint man nur, man hätte zu dem einen oder anderen Punkt noch keine Vorstellung und gibt daher Spielraum im Briefing. Doch tatsächlich hat man den Punkt nur noch nicht durchdacht oder sich dazu nicht ausreichend intern abgestimmt. Klares Indiz dafür wäre eine Reaktion auf erste Entwürfe wie „Das ist ja voll daneben!“ oder „So war das nicht gemeint!“. Offenbar wusste man schon vorher, was nicht gehen würde … hätte man es doch bloß gesagt, denn auch das gehört in ein Briefing. Klar, kann jetzt nicht aus jedem Briefing eine Doktorarbeit werden, doch jeder kennt seine heiklen Themen und da spart jede Stunde, die ins Briefing gesteckt wird, bestimmt zwei Stunden in der Durchführung – und schont Budget und Nerven.
Briefing lebt von Feedback
Es gibt Momente, in denen ein Gegencheck zum Briefing sinnvoll ist: Zuerst, wie beschrieben, im Abstimmungsgespräch direkt zum Start. Dann durch einen Kostenvoranschlag anhand des Briefings, denn dieser ist die zuverlässigste Rückversicherung dafür, ob man den Aufwand eines Projektes gleich einschätzt. Dann nochmal, wenn der erste Entwurf kommt und grundlegende Korrekturen fällig sind – denn ein gemeinsames Verständnis war hier offensichtlich noch nicht erreicht. Und schließlich sollte, wenn das Briefing für ein nächstes als Referenz benutzt wird, das Feedback aus dem vorangegangenen Projekt mit einfließen.
Mehr als die Summe seiner Teile
Noch interessanter wird das Thema in der Gesamtwirkung von aufeinanderfolgenden Briefings. Denn viele gute Briefings sind mehr als die Summe ihrer Teile. Sie zahlen auf das gemeinsame Verständnis ein und gestalten die Zusammenarbeit effektiv und angenehm. Vieles muss nicht mehr erklärt werden, zudem kreiert man gemeinsam gute Referenzprojekte für folgende Aktionen – so oft wird das Rad ja nicht neu erfunden. Dagegen führt ein unklares, bzw. ungeklärtes Briefing nicht nur zu den üblichen Scherereien, es verunsichert auch jene, die bislang dachten, sie wüssten wohin die Reise geht. Das gilt für die Partner in den Agenturen, aber genauso auch für Kollegen im Projekt oder Mitarbeiter in der Abteilung. Die Mühe sollte man sich daher machen: ein Perspektivenwechsel mit der Frage „Was würde ich denken, hielte ich dieses Briefing in Händen?“ Wo immer auch nur ein kleines Fragezeichen auftaucht, sollte mehr geklärt, erläutert und anschließend diskutiert werden.
Der harten Arbeit Lohn
Gute Briefings fördern Gedanken, lassen Feedback zu, führen zu neuen Ideen, ermöglichen konstruktiven Austausch und haben positiven Einfluss auf die Interaktion von Menschen im Job.
Weil Briefing Kommunikation ist. Und wenn die gut läuft, läuft’s.