In Deutschland leben etwa 7,8 Millionen Menschen mit Sehbehinderungen, Hörbehinderungen, motorischen oder kognitiven Beeinträchtigungen – und sie alle möchten das Internet unabhängig von ihren körperlichen, geistigen oder technischen Fähigkeiten oder Einschränkungen nutzen und problemlos auf sämtliche gewünschten Inhalte zugreifen können.
Mit einer barrierefreien Online-Präsenz leisten Unternehmen nicht nur einen wertvollen Beitrag für mehr Inklusion, sondern erhöhen zudem ihre Reichweite.
In fünf einfachen Schritten wird auch der Besuch Ihrer Website zu einem barrierefreien Erlebnis.
1. Rechtliche Grundlagen und Standards für barrierefreie Websites
Ab Mitte 2025 müssen viele Websites in Deutschland barrierefrei sein, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. Dies betrifft vorrangig öffentliche Stellen, aber auch viele private Unternehmen. Besonders gefordert ist der B2C-Sektor.
Im B2B-Bereich ist die Situation zwar noch nicht eindeutig geklärt, allerdings empfiehlt sich auch hier, verschiedene Maßnahmen in die Wege zu leiten. Worauf es dabei ankommt, regeln in erster Linie folgende Richtlinien und Vorschriften:
Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) des World Wide Web Consortium (W3C) sind weltweit anerkannt und bieten einen umfassenden Rahmen für die Erstellung barrierefreier Webinhalte. Sie sind in drei Konformitätsstufen unterteilt: A, AA und AAA, wobei AA den Mindeststandard für die meisten Websites darstellt.
Ein weiteres wichtiges Regelwerk ist die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV), die speziell für Deutschland gilt. Diese Verordnung basiert auf den WCAG und verlangt von öffentlichen Stellen, ihre Websites und mobilen Anwendungen barrierefrei zu gestalten.
Auf europäischer Ebene regelt die EU-Richtlinie 2016/2102 die Barrierefreiheit von Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen. Damit werden alle EU-Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, Barrierefreiheitsstandards gemäß den WCAG umzusetzen. Ziel ist es, digitale Inklusion für alle Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.
Indem Sie sich eingehend mit diesen rechtlichen Grundlagen vertraut machen, schaffen Sie eine solide Basis für die Entwicklung barrierefreier Websites.
2. Assistive Technologien
Assistive Technologien spielen für die Barrierefreiheit einer Website eine entscheidende Rolle, da sie Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen eine reibungslose Navigation ermöglichen. Zu den wichtigsten Bedienhilfen zählen:
- Screenreader: Diese Software liest den Inhalt einer Online-Präsenz vor. Für eine einwandfreie Funktionalität sollte die Website semantisch korrekt strukturiert sein und jedes Bild über einen ALT-Text verfügen, der den jeweiligen Zweck oder Inhalt genauer beschreibt.
- Braille-Zeilen: Diese taktilen Ausgabegeräte wandeln Text in Braille-Schrift um, die von Anwenderinnen und Anwendern mit Sehbehinderung gelesen werden kann. Eine klare und einfache Struktur der Inhalte ist essenziell, um eine reibungslose Nutzung zu gewährleisten.
- Tastaturen: Viele Menschen mit motorischen Einschränkungen bevorzugen Tastaturen anstelle von Mäusen. Daher sollten alle Funktionen und Elemente auf der Website per Tastatur zugänglich sein, idealerweise über die Standardtasten. Zudem empfiehlt sich die Verwendung von tabindex, um neben Links und Formularfeldern auch weitere interaktive Elemente einer HTML-Datei per Tabulatortaste anzusteuernund die Reihenfolge der Navigation bei Bedarf zu verändern.
- Spracherkennungssoftware: Diese Technologie erlaubt es Nutzerinnen und Nutzern, sich per Spracheingabe durch eine Internetpräsenz zu bewegen. Jedes interaktive Element auf einer Webseite sollte klar gelabelt sein, damit die Erkennung so reibungslos wie möglich funktioniert.
- Vergrößerungssoftware: Tools wie Zoomtext vergrößern den Inhalt einer Seite für Menschen mit Sehbehinderung. Das Design sollte flexibel sein und sich an verschiedene Bildschirmgrößen anpassen lassen, ohne die Bedienfreundlichkeit zu beeinträchtigen.
Je breitflächiger Sie diese Technologien einsetzen, desto barrierefreier wird Ihre Website.
3. Zusätzlicher Informationsgehalt für Website-Elemente
Der Einsatz von ARIA (Accessible Rich Internet Applications) kann die Barrierefreiheit von Websites deutlich verbessern.
ARIA bietet eine Reihe von Attributen, die sich in den HTML-Code einer Website integrieren lassen, um die Zugänglichkeit für Nutzerinnen und Nutzer mit Behinderungen zu erhöhen. Dazu zählen unter anderem:
role: Definiert die Rolle eines Elements, damit der Screenreader die jeweilige Funktion eindeutig erfassen kann, z. B.: role=“button“ für Schaltflächen oder role=“navigation“ für Navigationsbereiche.
aria-label: Ermöglicht die Bereitstellung einer textbasierten Elementbeschreibung, die von assistiven Technologien gelesen werden kann, z. B.: .
aria-live: Informiert Screenreader über dynamische Inhalte, die sich unabhängig von der Interaktion durch die Nutzerinnen und Nutzer ändern können, z. B.:
aria-expanded: Zeigt an, ob ein Element erweitert oder eingeklappt ist, was bei Drop-down-Menüs besonders nützlich ist, z. B.: .
Durch die konsequente Anwendung dieser Attribute sorgen Sie dafür, dass Ihre Website nicht nur den gesetzlichen Anforderungen entspricht, sondern auch eine inklusivere Bedienerfahrung für alle bietet.
4. Barrierefreie Designprinzipien
5. Überprüfung der Barrierefreiheit und Fehlerbehebung
Die Prüfung der Barrierefreiheit von Websites ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass Ihre Webseite für alle Benutzerinnen und Benutzer zugänglich ist. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Automatisierte Tools: Mithilfe von Werkzeugen wie WAVE, Axe und Lighthouse lässt sich schnell eine erste Analyse durchführen. Diese Tools identifizieren häufige Probleme wie fehlende ALT-Texte oder unzureichende Farbkontraste.
- Manuelle Tests: Personen mit unterschiedlichen Behinderungen unterziehen die barrierefreien Funktionen einer Website (Screenreader, Tastatur-Navigation und andere assistive Technologien) einem Praxistest, um die Bedienfreundlichkeit zu bewerten.
- Nutzungsfeedback: Direkte Rückmeldungen der Zielgruppe (beispielsweise durch Umfragen) helfen Ihnen, spezifische Barrieren zu erkennen und zu beheben.
Die Bedeutung regelmäßiger Überprüfungen ist nicht zu unterschätzen, schließlich entwickeln sich Technologien und Webstandards ständig weiter. Indem Sie fortlaufende Audits durchführen, stellen Sie sicher, dass Ihre Website kontinuierlich barrierefrei bleibt.
- Wartung und Updates: Setzen Sie regelmäßige Zeitpläne für Überprüfungen fest, insbesondere nach größeren Aktualisierungen oder Designänderungen.
- Teamschulungen: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Team über die neuesten Best Practices zur Barrierefreiheit informiert bleibt und diese bei der täglichen Arbeit umsetzt.
Durch konsequente Prüfungen und Fehlerbehebungen tragen Sie wesentlich dazu bei, eine inklusivere digitale Welt zu schaffen.
Wenn Sie diese Prinzipien bei der Gestaltung Ihrer Website beachten, wird Ihre Online-Präsenz deutlich inklusiver.
Barrierefreie Websites kommen allen zugute
Barrierefreiheit im Netz fördert digitale Teilhabe und inklusive Bildung. Menschen mit Behinderungen erhalten vollwertigen Zugang zu Informationen und Dienstleistungen, was ihre Gleichstellung im digitalen Raum unterstützt.
Von einer klaren, bedienfreundlichen und intuitiven Navigationsstruktur profitieren alle Besucherinnen und Besucher Ihrer Website – unabhängig von ihren Fähigkeiten.
Neben der Bedienerfahrung wirkt sich ein barrierefreies Design zudem positiv auf die Suchmaschinenoptimierung (Search Engine Optimization, SEO) aus.
Indem Sie sämtliche gesetzlichen Vorgaben für barrierefreie Websites einhalten, assistive Technologien berücksichtigen, ARIA-Attribute einbinden, barrierefreie Designprinzipien umsetzen und regelmäßige Überprüfungen durchführen, schaffen Sie eine inklusive Online-Präsenz, die allen Nutzerinnen und Nutzern den Zugang erleichtert.
Redaktionsteam Leinhäuser
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