Am 17.10.24 war es wieder so weit: DonnersTalk by Leinhäuser. Schwerpunktthema war diesmal „Nachhaltigkeit“ mit klarem Fokus auf die Kommunikation rund um dieses bedeutende Thema. Insbesondere aufgrund der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), einer EU-Richtlinie, die die Berichtspflicht von den kapitalmarktorientierten Unternehmen auf alle großen Kapitalgesellschaften oder ihnen gleichgestellte Gesellschaften – unabhängig von ihrer Kapitalmarktorientierung – ausweitet, steht das Thema derzeit im Fokus von Kommunikatorinnen und Kommunikatoren.
Als „groß“ gelten dabei Unternehmen, die mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen:
- Bilanzsumme von mindestens 25 Millionen Euro
- Nettoumsatzerlöse von mindestens 50 Millionen Euro
- Mindestens 250 Beschäftigte
Zeitplan für die Umsetzung:
- Ab 2024: Die größten 500 börsennotierten Unternehmen
- Ab 2025: Andere große Kapitalgesellschaften
- Ab 2026 bzw. 2028: Kapitalmarktorientierte KMU
Davon sind in Deutschland 15.000 Unternehmen betroffen.
Bei Leinhäuser stellen Nachhaltigkeitsberichte sowie die Kommunikation um dieses Thema seit einigen Jahren einen wichtigen Schwerpunkt dar. Deshalb war es uns ein Anliegen, betroffene und interessierte Kundinnen und Kunden sowie langjährige Expertinnen und Experten zu diesem Thema zusammenzubringen und eine Plattform zum Wissensaustausch und zum Networking zu bieten.
Präsentation von Sabine Braun „Nachhaltigkeit als das neue Normal“
Director bei Accenture Sustainability Strategy & Consulting
Die Präsentation von Sabine Braun, Director bei Accenture Sustainability Strategy & Consulting, behandelte das Thema „Nachhaltigkeit als das neue Normal“ und setzte sich mit der Entwicklung, dem Status und den Perspektiven von Nachhaltigkeitsstrategien auseinander.
Sabine Braun, die sich seit 1992 intensiv mit Nachhaltigkeit beschäftigt, bot zunächst einen Rückblick über die Evolution des Nachhaltigkeitsbewusstseins, beginnend mit dem 1972 von Apollo 17 aufgenommenen Bild der Erde, das erstmals die Verwundbarkeit unseres Planeten verdeutlichte. In den 1990er Jahren boomte der Umweltschutz, es gab Umweltmanagementsysteme und Berichterstattungen, und Nachhaltigkeit wurde allmählich zu einem zentralen Thema.
Ab den 2000er Jahren kamen Berichterstattungsstandards wie die Global Reporting Initiative (GRI) auf. Klimaschutz gewann an Bedeutung, insbesondere durch das Pariser Abkommen 2015.
Die Regulierung rund um Nachhaltigkeit wird zunehmend komplexer. Die EU strebt Klimaneutralität bis 2050 an und hat hierfür Finanzierungsinstrumente wie Green Bonds entwickelt. Zu den zentralen Regulierungsmechanismen zählen die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die EU-Taxonomie, die Unternehmen verpflichten, umfassend über Nachhaltigkeitsthemen zu berichten. Besonders relevant ist hierbei die „doppelte Wesentlichkeitsanalyse“, die ökologische und finanzielle Faktoren berücksichtigt.
Im Ausblick auf die Transformation betonte Braun die Herausforderungen, insbesondere den Mangel an Daten, Akzeptanz und Mut. Sie plädierte für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Datenverarbeitung und -integration, um die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu verbessern. Die Transformation erfordere mutige Entscheidungen, bessere Kommunikation und eine stärkere Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie. Der Fokus solle auf den tatsächlichen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit liegen, um wirtschaftliche Stabilität und gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen.
Präsentation von Dr. Meike Gebhard – Im „Zangengriff“ der Regulatorik?
CEO Utopia GmbH
Die Präsentation von Dr. Meike Gebhard richtet den Fokus auf die Nachhaltigkeitskommunikation im Spannungsfeld zwischen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und den Green Claims Regularien.
Die zentrale Herausforderung der modernen Nachhaltigkeitskommunikation liegt darin, dass in früheren Zeiten „unbegrenzte Möglichkeiten“ galten und Unternehmen sich leicht als Vorreiter positionieren konnten. Heute sind diese Möglichkeiten begrenzt und es gibt strengere Vorgaben, die Unternehmen zwingen, transparent, glaubwürdig und substanziell zu kommunizieren.
Ein Kernthema der Präsentation ist die CSRD, die seit 2024 als Grundlage für mehr Transparenz und Verlässlichkeit in der Nachhaltigkeitskommunikation dienen soll. Unternehmen sind dazu verpflichtet, nicht-finanzielle Kennzahlen zu veröffentlichen, die auf standardisierten Daten basieren und extern überprüft werden. Dies soll Greenwashing verhindern und eine ehrliche, belastbare Kommunikation fördern.
Gleichzeitig wird die Green Claims Regulierung hervorgehoben, die zum Ziel hat, irreführende Umweltwerbung zu unterbinden. Allgemeine Begriffe wie „umweltfreundlich“ oder „klimaneutral“ werden stark reglementiert, und Unternehmen müssen wissenschaftlich fundierte Nachweise für ihre Aussagen liefern. Auch Aussagen wie „20 % weniger CO2“ werden künftig ohne die Angabe einer klaren Bezugsgröße so nicht mehr haltbar sein. Die Verordnung zielt darauf ab, Greenwashing durch strengere Prüfungen und Sanktionen zu verhindern.
Insgesamt plädiert Dr. Gebhard dafür, die Regulatorik als Chance für die Nachhaltigkeitskommunikation zu sehen. Sie fordert zielgruppenorientierte, kreative und glaubwürdige Kommunikation, die auf Substanz und Transparenz beruht. Beide Regulierungsansätze – CSRD und Green Claims – bieten die Möglichkeit, Nachhaltigkeitsbotschaften klarer und überzeugender zu gestalten, was letztlich die Glaubwürdigkeit von Unternehmen stärkt.
Die Panel-Diskussion
Im Panel diskutierte das Auditorium unter der Moderation von Annette Schmidt (Leinhäuser Language Services) mit Sabine Braun, Dr. Meike Gebhard, Diana Maurer (Siemens Financial Services) sowie Abigail Keiper (Leinhäuser Language Services). Wiederkehrendes Thema war die Integration von Nachhaltigkeit in die allgemeine Kommunikation von Unternehmen. Die Vision, dass Nachhaltigkeitskommunikation in Zukunft integraler Bestandteil der gesamten Kommunikation sein sollte, wurde angedacht. Herausforderungen bestünden in der unterschiedlichen Wissensbasis der Stakeholder und der starken Regulierung, die eine kreative und individuelle Kommunikation erschweren können.
Es wurde diskutiert, ob Nachhaltigkeit als einzigartiges Verkaufsargument überhaupt Bestand haben kann oder als Normalität akzeptiert werden sollte – das Wunschszenario der Teilnehmenden liegt auf der Hand.
Ebenfalls geäußert wurde die Frage, ob Nachhaltigkeitsthemen anstelle von neu geschaffenen separaten Kanälen notwendigerweise in bestehende Kanäle integriert werden sollten (insbesondere im Social Media Bereich). Auch die Rolle von Führungspersonen in der Nachhaltigkeitskommunikation wurde besprochen mit dem Tenor, dass die Kommunikation idealerweise über die gesamte Organisation verteilt werden sollte. Abschließende Einigkeit bestand darüber, dass Authentizität in der Werbung zur Norm werden müsse und Unternehmen ihre Marketing- und Kreativabteilungen durch Weiterbildung stärken sollten. Hier sah man teilweise noch deutlichen Nachholbedarf.
Präsentation von Meike Frese – Die Gestaltung von Paradoxien als die „Kür“ von Nachhaltigkeitskommunikation
Partner Fährmann Organisationsbegleitung GmbH
Die Präsentation von Meike Frese thematisiert das Paradoxienmanagement in der Nachhaltigkeitskommunikation. Im Kern geht es darum, wie Unternehmen mit widersprüchlichen Anforderungen umgehen können, um langfristig erfolgreich zu kommunizieren und zu handeln.
Paradoxien treten häufig auf, wenn Unternehmen gleichzeitig unterschiedliche und teils gegensätzliche Ziele verfolgen müssen. Ein Beispiel dafür ist Microsofts Klimaziel, bis 2030 „carbon negative“ zu werden, während sie gleichzeitig ihren historischen CO2-Ausstoß bis 2050 vollständig eliminieren wollen. Solche ambitionierten Ziele erfordern nicht nur mutige Ansagen, sondern auch detaillierte, durchdachte Pläne. Diese Pläne können allerdings durch die Realität – in diesem Fall den Anstieg des CO2-Ausstoßes aufgrund des massiv gestiegenen Bedarfs an Rechenleistung durch KI – schnell eingeholt werden. Die Herausforderung besteht darin, gleichzeitig kurzfristige Maßnahmen und langfristige Strategien zu verfolgen.
Die Präsentation stellt zwei Extreme dar: auf der einen Seite die starre Festlegung auf einen Plan und auf der anderen Seite die Orientierungslosigkeit in einer unsicheren Welt (VUCA-Welt). Dazwischen befindet sich ein „graues“ Feld, in dem Unternehmen flexibel agieren müssen, ohne eine klare Richtung zu verlieren.
Als Lösung für diese Paradoxie stellte Frese ein Konzept namens „HALTung“ vor – die Fähigkeit, trotz unsicherer Rahmenbedingungen standhaft und entschlossen zu bleiben. Diese Haltung ähnelt der metaphorischen „Marathonkompetenz“: Erfolgreiche Akteure geben nicht auf, auch wenn sie unterwegs auf Hindernisse stoßen. Es geht darum, nicht bei Schwierigkeiten zu scheitern, sondern kontinuierlich voranzuschreiten.
Redaktionsteam Leinhäuser
Sprachen sind unsere Leidenschaft. Deswegen nehmen wir regelmäßig auch aktuelle Entwicklungen und neue Tools unter die Lupe, die sich auf die Welt der Kommunikation auswirken. In verschiedenen Blogbeiträgen teilen unsere internen Expertinnen und Experten ihr Wissen und ihre Erkenntnisse zu spezifischen Bereichen unseres Portfolios und beleuchten wichtige Zukunftstrends für unsere Branche. Von kreativem Schreiben über Nachhaltigkeitsberichte bis hin zur Programmierung – jedes Mitglied unseres Teams zeichnet sich durch ein einzigartiges Profil aus und trägt so einem vielfältigen Gesamtbild bei.
Beispiele wie Armedangels und Fairphone werden genannt, um zu zeigen, dass Unternehmen, die sich diesen Paradoxien stellen, innovative und nachhaltige Lösungen finden können. Betont wird dabei, dass Paradoxien nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen bieten, um nachhaltige Veränderungen voranzutreiben.
Die Veranstaltung hat verdeutlicht, wie umfassend das Thema Nachhaltigkeit unsere Gesellschaft, aber auch Unternehmen und Konzerne durchdringt und noch viel weiter durchdringen muss. Die Vorträge sowie die Panel-Diskussion beleuchteten die Komplexität von Nachhaltigkeit aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Referentinnen sehen in der Regulatorik und den Standards der Berichterstattung eine große Chance. Wie die Umsetzung ab 2025 gelingt, werden die ersten geprüften Berichte zeigen. Kommunikatorinnen und Kommunikatoren in Corporate Communications und Accounting arbeiten bereits heute unter hohem Leistungs- und Zeitdruck, die Herausforderung wird zukünftig noch etwas größer.
Wir bei Leinhäuser freuen uns auf eine spannende Berichtssaison, die in diesen Wochen durchstartet.